Curryduft liegt in der Luft
Es ist eine Mischung zwischen balsamisch, salzig, scharf und blumig. Der Duft ist einzig und uns gänzlich fremd, der uns sofort umhüllt, als wir am Mono Lake, ennet dem Tioga-Pass, anhalten. Wir schauen verwundert um uns, um die Quelle des würzigen, balsamischen Duftes zu eruieren. Die gelb blühenden Stauden fallen und ins Auge, die hier überall in der prärieartigen Landschafft wachsen. Kann es sein, dass einfache Blümchen, eine ganze Region sozusagen in ein Duftbad hüllen?
Auch eine Stunde Autofahrt (ca. 100 km weiter), als wir in unserem Motel namens „The Vagabond Inn“ ankamen, roch es weiterhin gleich balsamisch-wolkig. Etwas stechend Bitteres könnte die Duftnote ebenfalls enthalten.
Doch wir waren nach diesem ereignisreichen Reisetag schlicht zu müde, um dem Geheimnis dieses Duftes vollends auf den Grund zu gehen.
Beginnen wir von vorn: Nach drei Nächten zelten im Yosemite Nationalpark auf rund 1700 Metern waren wir nach einer feucht-kalten Nacht etwas gerädert und steif erwacht. (Markus hatte etwas kalt gehabt in seinem bereits 37-jährigen, aber immer noch qualitativ hochwertigen Northface-Kunstfaser-Schlafsack, und eher schlecht geschlafen, während ich in meinem japanischen Ultra-Leicht-, aber dick mit Daunen gefüllten Montbell-Schlafsack immer noch kuschelwarm und tief wie ein Murmeltier geschlafen hatte). In der Nacht hatte es leicht genieselt, und für heute war ein Gewitter oder jedenfalls Regen angesagt. Umso froher waren in wir, dass es beim Aufstehen trocken und der Himmel sogar blau war. Doch die Freude war von kurzer Dauer. Kaum sassen wir beim Zmorge (das beim Zelten ja immer mit einigen Vorbereitungen wie dem Kochen von heissem Wasser auf dem Gaskocher verbunden ist), und nachdem wir den ersten Schwatz mit unseren Zeltnachbarn Rusty und Linda getätigt hatten, zogen auch schon verdächtig dunkle Wolken auf. Während ich noch seelenruhig meinen Kaffee schlürfte, blickte Markus sorgenvoll gegen den Himmel. Kurzentschlossen unterbrachen wir den Zmorgen und räumten unser Zelt in Rekordzeit uns Auto. In der Tat sind wir schon sehr geübt im Ein- und Ausräumen unserer Sachen – und nach 5 Minuten waren Matten, Schlafsäcke, Kleider, Stirnlampen, Pijamas und Necessaires regensicher im Auto verstaut. Tatsächlich klatschten bereits die ersten Tropfen hernieder. Flugs waren Regenhose und Goretex-Jacke übergezogen (alles ist jeweils schön am gleichen Plätzchen verstaut, damit wir die Regensachen schnell finden) und wir konnten uns wieder unseren Zmorgemüesli* widmen. Gut – nicht ganz. Denn unser gemütlicher Nachbar Rusdy, ein gemütlicher Rentner aus Utah, dessen Schweizer Grossvater einst aus Zürich in die Staaten ausgewandert war, kam immer wieder zu uns rüber und löcherte uns mit tausend Fragen. Zur Schweiz, zur Sprache, zu unserer Lebensweise, zu Immigtationspolitik der Schweiz usw. Linda und Rusdy waren die ersten Ameeikaner, mit denen wir länger und Gespräch kamen, und so zog sich unser Tagessufbruch jeweils bis elf oder halbzwölf hin, weil wir es auch spannend fanden, und mit US-Bürgern zu unterhalten. Relativ schnell wurde auch schon klar, dass die beiden wohl Republikaner sind, wohl gemässigte Rechte, aber dennoch die lockere Immigrationspolitik Joe Bidens verurteilten. Dennoch sind Rusdy und Linda nicht unsympatisch…., man kann sich bodenständige SVP-Wähler in der Schweiz vorstellen, zudem sind Rusdy und Linda vermutlich Mormonen – und religiöse Christen sind jeher Pro Trump. Darüber sprechen wir nicht. Ich erwähnete jedoch, dass die Schweiz ebenfalls einen starken BevölkerungsZuwachs durch Migranten verzeichnet. Später erfuhren wir, dass ihr Sohn mit einer Navaho-Native aus New Mexico verheiratet ist. Sie sei in einem winzigen Dorf (20 Häuser) im grössten Reservat der USA, im Navaho-Reservat aufgewachsen und auch dort zur Schule gegangen. Mega spannend für mich, all das zu erfahren, auch, dass die Schwiegertochter und ihre Enkelinnen als Native von den weissen Amerikaner immer noch mit Vorurteilen und Diskriminierung zu kämpfen hätten: So würden sie in einem Laden jeweil besonders genau unter die Lupe genommen, weil die Verkäufer denken, dass Natives stehlen würden…. Für ihre Schwiegertochter sei es ausserdem schwierig gewesen, sich in einer Stadt oder in dichter besiedelten Quartieren wohl zu fühlen, weil sie sich die Einsamkeit und die grosse Weite des Reservats gewohnt war.
So spannend es auch war, mit unseren Nachbarn zu schwatzen, irgendwann mahnte Markus zum Aufbruch. Und recht hat er: denn wir hatten eine Fahrt auf 3000 Meter über den Tioga-Pass und noch einige Sachen um Halten und Anschauen vor uns. Auch hatte es wieder zu regnen begonnen. Doch ehrlich gesagt fanden wir es sehr gemütlich, im warmen Auto sitzend, durch die Pinienwälder des Yosemite-Parks zu brausen, das Quitschen der Scheibenwischer und das Trommeln des Regens als einzige Geräusche. Sowieso waren wir mit Wetterglück bisher mehr als verwöhnt. Dies war unser erster richtiger Regentag seit Beginn der Reise. Die ganze Westküste klagt dieses Jahr sowieso unter Regenmangel, in Kalifornien herrscht Dürre. Und so war ich über das Nass ehrlich gesagt ganz froh. Denn feuchtes Unterholz bedeutet auch massiv eingedämmtw Waldbrandgefahr. Diese war sehr hoch, seit wir uns an der Westküste bewegen. Bereits im Olympic Nationalpark war Feuer machen auch auf den Campings streng verboten.
So näherten uns auf einer sich windenden Passstrasse allmählich den 3000 Metern des Tioga-Passes. Immer noch fuhren wir durch föhrenbestandene, nun doch etwas lichtere Wälder! Unglaz, wie hoch die Baumgrenze hier ist. Aber wir befinden uns ja etwa auf der geografischen Höhe Siziliens… bei und im Norden ist die Baumgrenze ja bereits in ca. 1800 Metern erreicht.
Sehr eindrücklich sind die enorm grossen, vom Gletscher flachgeschliffenen Felsrücken: wie riesige Waale ragen sie aus der Landschaft. Je höher wir kommen, desto karger wird auch hier die Landschaft. Die Fähren werden kleiner und knorriger, sie haben manchmal sehr dicke Stämme und gleichen unseren „Wetterföhren“ in den Alpen. Dem Wind und Wetter ausgesetzt, brechen ihre Wiofel immer wieder ab und lassen die Bäume trutzig und knorrig, aber wunderschön werden. Wir haben die Passhöhe erreicht: Imposante, grosse, schräg in der Landschaft liegende Granitfelder mit abgeschliffenen Rinnen darin beherrschen den Aspekt. Zuweilen wachsen einzelne kleine Föhrlein in den Ritzen. Flechten überziehen die Steine. Es sieht ein wenig ähnlich aus wie auf der Grimsel, die ebenfalls eine vom Gletscherschliff geprägte Landschaft aus grauem Stein und hellgeün- bis braun oder rötlichen Flechten ist. Die Landschaft und der weite Blick ins Tal fasziniert und sehr. Markus vergisst ob dem Fotografen seinen Hunger, während ich längst im Auto Käse und Vollkorntoastbrot esse. Ah ja, inzwischen hatte der Regen nämlich aufgehört, und die Sonne lugte sogar ab und zu durch die Wolken und hatte rasch den Fels getrocknet. Doch urplötzlich wurde es dunkel, und es prasselten in Sekundenschnelle Tropfen und dann sogar Hagelgraupel nieder. Bereits arg durchnässt rettete sich Markus ins Auto. Nun waren wir mitten im Gewitter. Zum Glück waren wir nicht die einzigen auf dem Parkplatz, und wissend, dass einem der Blitz im Auto nichts anhaben konnte (Faradayscher-Käfig), schauten wir belustigt den Graupel-Schauspiel zu. Noch eine Weile regnete es so stark, dass die Weiterfahrt gefährlich gewesen wäre, doch dann zog die Gewitterzelle weiter.
Auf der Weiterfahrt vorbei an Bergseen und „Meadows“ – quasi natürlicherweise (es gibt hier keine Weidetradition mit Kühen auf Bergweiden – unbewaldeten Bergwiesen, die im Frühsommer offenbar mit Blumen wie Orchideen übersät sind, gelangten wir allmählich auf die andere Seite des langgezogenen Tioga-Passes. Und plötzlich wähnten wir uns in einer völlig anderen Landschaft, als wir gekommen waren. Während der Yosemite Nationalpark mit seinen vorherrschenden Pinienwälder und den hohen Granitgipfeln manche Schweizer Besuchende an die heimischen Berge erinnen (bei genauerem betrachten der Flora erkennt die Botanikern aber rasch, dass die hiesige Flora mitnichten den Schweizer Alpentälern ähnelt (eher der Vegetation, wie sie vor der Abholzung des südlichen Italiens dort vorherrschte, nämlich eben Röhre Wälder (und es sind andere Föhrenarten als bei uns) (die Wälder wurden in Italien und Sizilien ja von den Römern für den Schiffbau abgeholzt und kehrten leider nie mehr zurück (da das Milroklima dann ohne Bäume zu trocken wird, dass sich natürlicherweise wieder ein Wald ansiedeln könnte). Umso wichtiger ist der Wald-und Naturschutz also hier in diesen heissen, südlichen Breitengraden wie im Yosemite. Auf der Südostseite des Tioga-Passes wähnten wir uns dann aber plötzlich in einer Prärielandschaft. Keine Bäume mehr, mir noch etw 40 cm hohe Büsche aus Gräsern und Trockenbllumen. Im für Prärien typischen „Zufallsnuste“ wie ein Flickenteppich verteilt so dass ein ansprechendes Scheckenmuster in gelb-, graugeün-, orange- und brauntönen entsteht. Bloss in den etwas feuchteren Senken konnten sich kleine Laubbüsche und niedere Baumgruppen etablieren. Sonst felsige, ockerbraune Hügelkuppen so weit das Auge reicht. Der Regen hat die ganze Talfahrt angedauert , und so erreichten wir unser Zwischenziel, den Mono Lake, bei grauem Wetter. Nichts als eine graubraune, uninteressante Wasserfläche in einer trüben Prärielandschaft, so präsentierte sich uns der als Highlight angekündigte See.
Wir hatten vor dem See sowieso noch das Geisterdörfchen „Bodie“ besuchen wollen . Doch bei der Abzweigung zum noch 16 Kilometer entfernten Städtchen, das vor rund 150 Jahren im Golfrausch aus dem Nichts gegründet worden war, und vor etwa 100 Jahren ebenso rasch wieder verlassen worden war, prangte ein Schild, dass die Besichtigungszeiten des Dorfs bereits um 4 Uhr nachmittags vorbei sind und man später tunlichst nicht in die vollkommen abgelegene Gegend hineinfahren solle. Wir versuchten es trotzdem. Schliesslich war es erst kurz nach vier. Und vielleicht nahm man es hier mit den Öffnungszeiten nicht so genau. Markus befürchtete, dass das Tor, das die Stichstrasse nach Bodie von der grossen 395-Road abbrennt, welche nach Südosten und schliesslich nach Las Vegas führt, bei unserer Rückkehr geschlossen sein könnte. Ich beruhigte ihn und meinte, es würde uns bestimmt noch eine StrasseKontrolle entgegenkommen, die uns auffordern würde, umzukehren, ehe das Tor geschossen wird. Und sonst würden wir halt eine Nacht im Auto schlafen und warten, bis die Strasse am nächsten Morgen wieder geöffnet würde.
Wir kamen eh nicht bis nach Bodie. Am Schluss, für die letzten 5 Kilometer, wurde die Strasse zur Schotter Piste, und wir hatten dann keine Lust mehr, zum Geisterdorf zu fahren, das wir dann eh nicht hätten besichtigen können. Die Fahrt in die totale Angelegenheit und Einsamkeit, durch struppige Hügel und Felstäler, hatte auch dennoch gelohnt. Sich vorzustellen, wie um alles in der Welt man auf die Idee kommen konnte, hier in der Einsamkeit ein Dorf zu errichten, erschien uns total absurd. Es gab hier NIChts, keine fruchtbaren Wälder, wo man Schutz vor der brennenden Sonne hätte suchen können. Die Tage sind hier glühend heiss, die Nächte bitterkalt. Zudem fegen stärkste Windböen über die ungeschützte Prärie. Extreme Verhältnisse eine sehr nützliche Gegend. Markus wird euch mehr dazu in seinem Blog erzählen.
Jedenfalls kehrten wir um, in ohne das Geisterdorf gesehen zu haben. Das Tor war noch offen. Es waren uns auf dem Weg auch etliche Autos entgegengekommen, so dass wir nicht wirklich dachten, dass wir nicht mehr rauskommen würden.
Bleibt noch das Geheimnis um den würzigen Duft zu lüften, der beim Mono See und später auch noch bei unserem Motel in der Luft lag. Er stammt tatsächlich von der gelbblühenden, hier in rauen Mengen wachsenden Staude, die ich unter dem Namen „Curry-Kraut“ kenne, und die unserem, in der Schweiz als Gartenpflanze für Steingärten verkauft wurde, stark ähnelt. Ich vermute, dass das hiesige Curry-Kraut eine nahe Verwandte der Curry-Kräuter ist, die ich aus der Schweiz kenne. Jedenfalls riechen die ganzen Blütenstauden, mit ihren kurkumagelb-leuchtenden kleinen Korbblüten und den gräulichgrünen, nadelartigen Blättern stark nach Curry bzw. diese US-Variante eher balsamisch-süsslich, als würzig wie unser Curry-Kraut.
Mag sein, dass das „Curry-Village“ im Yosemite-Park seinen Namen ebenfalls der gelben Pflanze verdankt… wir vermuten es, und sind jetzt schlauer als vorher. Dass die unscheinbare Staude jedoch eine ganze Gegend „verduften“ kann, hätten wir niemals für möglich gehalten.
Auch eine Stunde Autofahrt (ca. 100 km weiter), als wir in unserem Motel namens „The Vagabond Inn“ ankamen, roch es weiterhin gleich balsamisch-wolkig. Etwas stechend Bitteres könnte die Duftnote ebenfalls enthalten.
Doch wir waren nach diesem ereignisreichen Reisetag schlicht zu müde, um dem Geheimnis dieses Duftes vollends auf den Grund zu gehen.
Beginnen wir von vorn: Nach drei Nächten zelten im Yosemite Nationalpark auf rund 1700 Metern waren wir nach einer feucht-kalten Nacht etwas gerädert und steif erwacht. (Markus hatte etwas kalt gehabt in seinem bereits 37-jährigen, aber immer noch qualitativ hochwertigen Northface-Kunstfaser-Schlafsack, und eher schlecht geschlafen, während ich in meinem japanischen Ultra-Leicht-, aber dick mit Daunen gefüllten Montbell-Schlafsack immer noch kuschelwarm und tief wie ein Murmeltier geschlafen hatte). In der Nacht hatte es leicht genieselt, und für heute war ein Gewitter oder jedenfalls Regen angesagt. Umso froher waren in wir, dass es beim Aufstehen trocken und der Himmel sogar blau war. Doch die Freude war von kurzer Dauer. Kaum sassen wir beim Zmorge (das beim Zelten ja immer mit einigen Vorbereitungen wie dem Kochen von heissem Wasser auf dem Gaskocher verbunden ist), und nachdem wir den ersten Schwatz mit unseren Zeltnachbarn Rusty und Linda getätigt hatten, zogen auch schon verdächtig dunkle Wolken auf. Während ich noch seelenruhig meinen Kaffee schlürfte, blickte Markus sorgenvoll gegen den Himmel. Kurzentschlossen unterbrachen wir den Zmorgen und räumten unser Zelt in Rekordzeit uns Auto. In der Tat sind wir schon sehr geübt im Ein- und Ausräumen unserer Sachen – und nach 5 Minuten waren Matten, Schlafsäcke, Kleider, Stirnlampen, Pijamas und Necessaires regensicher im Auto verstaut. Tatsächlich klatschten bereits die ersten Tropfen hernieder. Flugs waren Regenhose und Goretex-Jacke übergezogen (alles ist jeweils schön am gleichen Plätzchen verstaut, damit wir die Regensachen schnell finden) und wir konnten uns wieder unseren Zmorgemüesli* widmen. Gut – nicht ganz. Denn unser gemütlicher Nachbar Rusdy, ein gemütlicher Rentner aus Utah, dessen Schweizer Grossvater einst aus Zürich in die Staaten ausgewandert war, kam immer wieder zu uns rüber und löcherte uns mit tausend Fragen. Zur Schweiz, zur Sprache, zu unserer Lebensweise, zu Immigtationspolitik der Schweiz usw. Linda und Rusdy waren die ersten Ameeikaner, mit denen wir länger und Gespräch kamen, und so zog sich unser Tagessufbruch jeweils bis elf oder halbzwölf hin, weil wir es auch spannend fanden, und mit US-Bürgern zu unterhalten. Relativ schnell wurde auch schon klar, dass die beiden wohl Republikaner sind, wohl gemässigte Rechte, aber dennoch die lockere Immigrationspolitik Joe Bidens verurteilten. Dennoch sind Rusdy und Linda nicht unsympatisch…., man kann sich bodenständige SVP-Wähler in der Schweiz vorstellen, zudem sind Rusdy und Linda vermutlich Mormonen – und religiöse Christen sind jeher Pro Trump. Darüber sprechen wir nicht. Ich erwähnete jedoch, dass die Schweiz ebenfalls einen starken BevölkerungsZuwachs durch Migranten verzeichnet. Später erfuhren wir, dass ihr Sohn mit einer Navaho-Native aus New Mexico verheiratet ist. Sie sei in einem winzigen Dorf (20 Häuser) im grössten Reservat der USA, im Navaho-Reservat aufgewachsen und auch dort zur Schule gegangen. Mega spannend für mich, all das zu erfahren, auch, dass die Schwiegertochter und ihre Enkelinnen als Native von den weissen Amerikaner immer noch mit Vorurteilen und Diskriminierung zu kämpfen hätten: So würden sie in einem Laden jeweil besonders genau unter die Lupe genommen, weil die Verkäufer denken, dass Natives stehlen würden…. Für ihre Schwiegertochter sei es ausserdem schwierig gewesen, sich in einer Stadt oder in dichter besiedelten Quartieren wohl zu fühlen, weil sie sich die Einsamkeit und die grosse Weite des Reservats gewohnt war.
So spannend es auch war, mit unseren Nachbarn zu schwatzen, irgendwann mahnte Markus zum Aufbruch. Und recht hat er: denn wir hatten eine Fahrt auf 3000 Meter über den Tioga-Pass und noch einige Sachen um Halten und Anschauen vor uns. Auch hatte es wieder zu regnen begonnen. Doch ehrlich gesagt fanden wir es sehr gemütlich, im warmen Auto sitzend, durch die Pinienwälder des Yosemite-Parks zu brausen, das Quitschen der Scheibenwischer und das Trommeln des Regens als einzige Geräusche. Sowieso waren wir mit Wetterglück bisher mehr als verwöhnt. Dies war unser erster richtiger Regentag seit Beginn der Reise. Die ganze Westküste klagt dieses Jahr sowieso unter Regenmangel, in Kalifornien herrscht Dürre. Und so war ich über das Nass ehrlich gesagt ganz froh. Denn feuchtes Unterholz bedeutet auch massiv eingedämmtw Waldbrandgefahr. Diese war sehr hoch, seit wir uns an der Westküste bewegen. Bereits im Olympic Nationalpark war Feuer machen auch auf den Campings streng verboten.
So näherten uns auf einer sich windenden Passstrasse allmählich den 3000 Metern des Tioga-Passes. Immer noch fuhren wir durch föhrenbestandene, nun doch etwas lichtere Wälder! Unglaz, wie hoch die Baumgrenze hier ist. Aber wir befinden uns ja etwa auf der geografischen Höhe Siziliens… bei und im Norden ist die Baumgrenze ja bereits in ca. 1800 Metern erreicht.
Sehr eindrücklich sind die enorm grossen, vom Gletscher flachgeschliffenen Felsrücken: wie riesige Waale ragen sie aus der Landschaft. Je höher wir kommen, desto karger wird auch hier die Landschaft. Die Fähren werden kleiner und knorriger, sie haben manchmal sehr dicke Stämme und gleichen unseren „Wetterföhren“ in den Alpen. Dem Wind und Wetter ausgesetzt, brechen ihre Wiofel immer wieder ab und lassen die Bäume trutzig und knorrig, aber wunderschön werden. Wir haben die Passhöhe erreicht: Imposante, grosse, schräg in der Landschaft liegende Granitfelder mit abgeschliffenen Rinnen darin beherrschen den Aspekt. Zuweilen wachsen einzelne kleine Föhrlein in den Ritzen. Flechten überziehen die Steine. Es sieht ein wenig ähnlich aus wie auf der Grimsel, die ebenfalls eine vom Gletscherschliff geprägte Landschaft aus grauem Stein und hellgeün- bis braun oder rötlichen Flechten ist. Die Landschaft und der weite Blick ins Tal fasziniert und sehr. Markus vergisst ob dem Fotografen seinen Hunger, während ich längst im Auto Käse und Vollkorntoastbrot esse. Ah ja, inzwischen hatte der Regen nämlich aufgehört, und die Sonne lugte sogar ab und zu durch die Wolken und hatte rasch den Fels getrocknet. Doch urplötzlich wurde es dunkel, und es prasselten in Sekundenschnelle Tropfen und dann sogar Hagelgraupel nieder. Bereits arg durchnässt rettete sich Markus ins Auto. Nun waren wir mitten im Gewitter. Zum Glück waren wir nicht die einzigen auf dem Parkplatz, und wissend, dass einem der Blitz im Auto nichts anhaben konnte (Faradayscher-Käfig), schauten wir belustigt den Graupel-Schauspiel zu. Noch eine Weile regnete es so stark, dass die Weiterfahrt gefährlich gewesen wäre, doch dann zog die Gewitterzelle weiter.
Auf der Weiterfahrt vorbei an Bergseen und „Meadows“ – quasi natürlicherweise (es gibt hier keine Weidetradition mit Kühen auf Bergweiden – unbewaldeten Bergwiesen, die im Frühsommer offenbar mit Blumen wie Orchideen übersät sind, gelangten wir allmählich auf die andere Seite des langgezogenen Tioga-Passes. Und plötzlich wähnten wir uns in einer völlig anderen Landschaft, als wir gekommen waren. Während der Yosemite Nationalpark mit seinen vorherrschenden Pinienwälder und den hohen Granitgipfeln manche Schweizer Besuchende an die heimischen Berge erinnen (bei genauerem betrachten der Flora erkennt die Botanikern aber rasch, dass die hiesige Flora mitnichten den Schweizer Alpentälern ähnelt (eher der Vegetation, wie sie vor der Abholzung des südlichen Italiens dort vorherrschte, nämlich eben Röhre Wälder (und es sind andere Föhrenarten als bei uns) (die Wälder wurden in Italien und Sizilien ja von den Römern für den Schiffbau abgeholzt und kehrten leider nie mehr zurück (da das Milroklima dann ohne Bäume zu trocken wird, dass sich natürlicherweise wieder ein Wald ansiedeln könnte). Umso wichtiger ist der Wald-und Naturschutz also hier in diesen heissen, südlichen Breitengraden wie im Yosemite. Auf der Südostseite des Tioga-Passes wähnten wir uns dann aber plötzlich in einer Prärielandschaft. Keine Bäume mehr, mir noch etw 40 cm hohe Büsche aus Gräsern und Trockenbllumen. Im für Prärien typischen „Zufallsnuste“ wie ein Flickenteppich verteilt so dass ein ansprechendes Scheckenmuster in gelb-, graugeün-, orange- und brauntönen entsteht. Bloss in den etwas feuchteren Senken konnten sich kleine Laubbüsche und niedere Baumgruppen etablieren. Sonst felsige, ockerbraune Hügelkuppen so weit das Auge reicht. Der Regen hat die ganze Talfahrt angedauert , und so erreichten wir unser Zwischenziel, den Mono Lake, bei grauem Wetter. Nichts als eine graubraune, uninteressante Wasserfläche in einer trüben Prärielandschaft, so präsentierte sich uns der als Highlight angekündigte See.
Wir hatten vor dem See sowieso noch das Geisterdörfchen „Bodie“ besuchen wollen . Doch bei der Abzweigung zum noch 16 Kilometer entfernten Städtchen, das vor rund 150 Jahren im Golfrausch aus dem Nichts gegründet worden war, und vor etwa 100 Jahren ebenso rasch wieder verlassen worden war, prangte ein Schild, dass die Besichtigungszeiten des Dorfs bereits um 4 Uhr nachmittags vorbei sind und man später tunlichst nicht in die vollkommen abgelegene Gegend hineinfahren solle. Wir versuchten es trotzdem. Schliesslich war es erst kurz nach vier. Und vielleicht nahm man es hier mit den Öffnungszeiten nicht so genau. Markus befürchtete, dass das Tor, das die Stichstrasse nach Bodie von der grossen 395-Road abbrennt, welche nach Südosten und schliesslich nach Las Vegas führt, bei unserer Rückkehr geschlossen sein könnte. Ich beruhigte ihn und meinte, es würde uns bestimmt noch eine StrasseKontrolle entgegenkommen, die uns auffordern würde, umzukehren, ehe das Tor geschossen wird. Und sonst würden wir halt eine Nacht im Auto schlafen und warten, bis die Strasse am nächsten Morgen wieder geöffnet würde.
Wir kamen eh nicht bis nach Bodie. Am Schluss, für die letzten 5 Kilometer, wurde die Strasse zur Schotter Piste, und wir hatten dann keine Lust mehr, zum Geisterdorf zu fahren, das wir dann eh nicht hätten besichtigen können. Die Fahrt in die totale Angelegenheit und Einsamkeit, durch struppige Hügel und Felstäler, hatte auch dennoch gelohnt. Sich vorzustellen, wie um alles in der Welt man auf die Idee kommen konnte, hier in der Einsamkeit ein Dorf zu errichten, erschien uns total absurd. Es gab hier NIChts, keine fruchtbaren Wälder, wo man Schutz vor der brennenden Sonne hätte suchen können. Die Tage sind hier glühend heiss, die Nächte bitterkalt. Zudem fegen stärkste Windböen über die ungeschützte Prärie. Extreme Verhältnisse eine sehr nützliche Gegend. Markus wird euch mehr dazu in seinem Blog erzählen.
Jedenfalls kehrten wir um, in ohne das Geisterdorf gesehen zu haben. Das Tor war noch offen. Es waren uns auf dem Weg auch etliche Autos entgegengekommen, so dass wir nicht wirklich dachten, dass wir nicht mehr rauskommen würden.
Bleibt noch das Geheimnis um den würzigen Duft zu lüften, der beim Mono See und später auch noch bei unserem Motel in der Luft lag. Er stammt tatsächlich von der gelbblühenden, hier in rauen Mengen wachsenden Staude, die ich unter dem Namen „Curry-Kraut“ kenne, und die unserem, in der Schweiz als Gartenpflanze für Steingärten verkauft wurde, stark ähnelt. Ich vermute, dass das hiesige Curry-Kraut eine nahe Verwandte der Curry-Kräuter ist, die ich aus der Schweiz kenne. Jedenfalls riechen die ganzen Blütenstauden, mit ihren kurkumagelb-leuchtenden kleinen Korbblüten und den gräulichgrünen, nadelartigen Blättern stark nach Curry bzw. diese US-Variante eher balsamisch-süsslich, als würzig wie unser Curry-Kraut.
Mag sein, dass das „Curry-Village“ im Yosemite-Park seinen Namen ebenfalls der gelben Pflanze verdankt… wir vermuten es, und sind jetzt schlauer als vorher. Dass die unscheinbare Staude jedoch eine ganze Gegend „verduften“ kann, hätten wir niemals für möglich gehalten.
